Preisträger

Unterricht innovativ
2014
3. Preis

100 Herzen gegen Schmerzen

Kathrin Woyde
Projektteam: Frank Fabinger / Manuela Hauswald / Grit Spicher/ Kathrin Woyde

Fotocredit: BILDSCHÖN

 Projektbeschreibung:

Berufsfachschüler/innen engagierten sich für Brustkrebspatientinnen – angeregt durch einen Fernsehbeitrag entstand die Idee, selbst Herzkissen herzustellen. Die Auszubildenden informierten sich über Brustkrebs, luden Betroffene zu Gesprächsrunden ein, erkannten den Bedarf an den Kissen, deren besondere Form zur Linderung der physischen und psychischen Schmerzen nach der Operation beiträgt. Die Jugendlichen nähten, verpackten und verschenkten bisher weit mehr als 200 Kissen an Patientinnen in Halle und Oulu/Finnland.

Neben der Verknüpfung der Ausbildungsschwerpunkte Hauswirtschaft und Sozialpflege bestand das Hauptziel darin, die Anwendbarkeit des Lernstoffes in der Praxis für die Schüler/innen schon von Beginn der Ausbildung an erlebbar zu machen. Service-Learning im besten Sinne. Kenntniserwerb und Motivation zur aktiven Auseinandersetzung mit den Lerninhalten werden so nicht zeitlich vom gesellschaftlich relevanten Engagement getrennt, sondern in die Ausbildung integriert.

Durch die enge Zusammenarbeit des Lehrerkollegiums wurde der Unterricht in mehreren Fächern projektorientiert geplant. Über den gesamten Ausbildungszeitraum hat „100 Herzen gegen Schmerzen“ eine fachwissenschaftliche Anbindung an acht Unterrichtsfächer – einschließlich der Fremdsprache Englisch. Nach dem Erwerb des relevanten Wortschatzes wurde die Arbeitsanleitung zur Herstellung der Herzkissen übersetzt und so die Herzensidee in die finnische Partnerschule getragen. Während eines Schüleraustausches wurden die Kissen gemeinsam mit den finnischen Auszubildenden genäht und zum Abschluss im Universitätsklinikum Oulu überreicht.

Das Besondere:

Verschiedene Lerninhalte werden miteinander verknüpft und finden durch soziales Engagement der Schüler/innen direkte Anwendung in der eigenen Stadt. Schon zu Beginn des 1. Ausbildungsjahres machen sich die Auszubildenden dadurch mit den grundsätzlichen Anforderungen ihrer späteren beruflichen Tätigkeit vertraut und entdecken differenzierte berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten.

Durch den praktischen Kontext erhält der Lehrstoff besonders der Fächer Ethik, Kommunikation, Pädagogik/Psychologie, Sozialpflege und Textiltechnik eine höhere Relevanz für die Jugendlichen. Die wiederholte Erfahrung der eigenen Wirksamkeit bei den sehr emotionalen Kissenübergaben und die Anerkennung der individuellen Leistungen – auch durch die Kooperationspartner Sachsen-Anhaltinische Krebsgesellschaft und das Krankenhaus St. Elisabeth & St. Barbara (Elisabethkrankenhaus) in Halle – führten bei den Schüler/innen zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung und einem hohen Maß an Partizipation.

Ergebnis der intensiven Arbeit war auch die Entscheidung der Schüler/innen, das Projekt nicht zu beenden, sondern im zweiten und dritten Ausbildungsjahr ihre Arbeit an den Herzkissen fortzusetzen. In der projektbegleitenden Reflexionsphase entwickelten sich neue Ideen: Kosmetikschülerinnen bieten mittlerweile zum Beispiel den Krebskranken im Elisabethkrankenhaus in Halle kostenlose kosmetische Beratungen und Behandlungen an.

Erfahrungen und Ergebnisse:

„In dieser sehr kooperativen Lernform stehen emotionale Einbindung und Motivation für die Schüler/innen im Vordergrund. Großes Engagement, gesteigerte Leistungsbereitschaft, bessere Problemlösungsfähigkeit und eine intensive Beschäftigung mit den Lerninhalten konnten so erreicht werden. Die Jugendlichen entdeckten den Sinn ihres Berufes und damit ihre Bedeutung für die Gesellschaft.

Besonders die Gespräche mit Betroffenen ermutigten die Auszubildenden, sich mit dem Thema Brustkrebs auseinanderzusetzen, persönliche Vorsorge zu treffen und Verantwortung für sich selbst und die eigene Gesundheit zu übernehmen.

Den Schüler/innen war es sehr wichtig, dass ihr Herzkissenprojekt nicht endet, dass es deutschlandweit weitere Anwender findet und schulintern weiterhin Herzenssache und Ausbildungsbestandteil der nachfolgenden Klassen dieses Bildungsganges wird.

Aus dem Gutachten:

„Deutlich wird in der Darstellung der sowohl schüleraktivierende als auch fächerübergreifende Ansatz und die dem Projekt innewohnende zwingend notwendige Teamarbeit.“

Eckdaten

Schule: Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Familienpflege, Halle/Saale
Bundesland: Sachsen-Anhalt
Jahrgangsstufe: 1. Ausbildungsjahr
Fächer: Deutsch, Englisch, Ethik, Kommunikation, Kunst, Pädagogik/Psychologie, Sozialpflege, Textiltechnik
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