Projektbeschreibung:
Für einen Großteil der heutigen Schülergeneration ist es kaum mehr vorstellbar, dass Deutschland durch eine Grenze in zwei Staaten geteilt war. Das Projekt „Mit dem Rad Geschichte erfahren – Eine historische Spurensuche per Rad entlang der ehemaligen innerdeut- schen Grenze“ entwickelte ein vollkommen neues Unterrichtsformat für die schulische Arbeit zum Thema „Deutsche Teilung/DDR“.
Schülerinnen und Schüler fuhren einen Teil der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen Hessen und Thüringen mit dem Fahrrad ab, besuchten Gedenkstätten, sprachen mit Zeitzeugen. Der Wechsel von historischem Unterricht vor Ort (Besichtigungen, Führungen, Diskussionen) und körperlicher Belastung (insgesamt 220km), also die gelungene Verbindung von Geschichts-, Sport- und auch Geographie-Unterricht, wird ihnen dauerhaft in Erinnerung bleiben. Die Schülerinnen und Schüler wurden für die Unterschiede zwischen Demokratie und Diktatur sensibilisiert. Durch diese ganz andere Art der Geschichtsvermittlung gewinnen sie die Erkenntnis, dass Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist. Ein halbes Jahr lang bereiteten sie sich sehr genau auf die einwöchige Radtour vor. Im Rahmen von mehreren freiwilligen Projekt-Nachmittagen wurden Grundlagen erarbeitet und sich auf die beabsichtigten Zeitzeu- gengespräche und Diskussionen während der Exkursion vorbereitet. Neben der inhaltlichen Ebene musste man die Tour auch auf organisatorischer Ebene planen: Busunternehmen für den Transport der Räder und des Gepäcks finden und die entsprechenden Etappenziele so auswählen, dass sie möglichst ideale Voraussetzungen für die Studienzwecke aber auch Un- terkünfte boten.
Das Besondere:
„Es bleibt schon viel mehr hängen, als wenn ich das Geschichtsbuch lese“, fasst ein Schüler zusammen. Insgesamt haben die Schülerinnen und Schüler ihren Kenntnisstand über die Teilung Deutschlands, das Repressionssystem der DDR und den Prozess der Friedlichen Revolution bis hin zur Wiedervereinigung erheblich erweitert. Kognitive Ergebnisse wurden durch sinnliches Erleben und soziale Erfahrung nachhaltig verstärkt.
Bereits in der Vorbereitungsphase wurden sowohl Grundlagen zum Thema „innerdeutsche Grenze“ gelegt, als auch Erfahrungen auf der organisatorischen Ebene und im Bereich Medienkompetenz gesammelt. Die soziale Kompetenz stieg parallel zur körperlichen Widerstandsfähigkeit, weil Kooperation auf den mitunter beschwerlichen Etappen unverzichtbar war. Auch im kommunikativen Bereich, besonders bei den Begegnungen mit Zeitzeugen, Politikern und später auch mit den Medien, wurden die Schüler immer unbefangener und souveräner.
Erfahrungen und Ergebnisse:
Die Jugendlichen eignen sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise breite Kenntnisse über das politische System der DDR an und erfahren gleichzeitig, wie durch Zivilcourage und Solidarität dieses System 1989 zu Fall gebracht wurde. Im Umkehrschluss verstehen sie, warum persönliche Freiheit und Demokratie so gefährdet wie schützenswert sind. Sie lernen gesellschaftliche und politische Entwicklungen zu hinterfragen und sich damit auseinanderzusetzen. Durch die Begegnung mit Zeitzeugen enzwickeln die Schüler Empathie, durch die per- sönlichen Erfahrungen dieser Menschen wird ihnen Geschichte nahegebracht. Nicht zuletzt vermittelt das Projekt Freude am und beim Lernen.
Seit 2008 wurde das Projekt mehrfach an der Max-Beckmann-Schule durchgeführt, weiterentwickelt und auch von anderen Schulen aufgegriffen und durch Fortbildungen qualifiziert. Inzwischen gibt es auch eine Handreichung „Mit dem Rad Geschichte erfahren“ von Klaus-Jürgen Wetz (herausgegeben von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, 2012) und die 50-minütige DVD „Mit dem Rad Geschichte erfahren“ von Jürgen Ritter und Dietrich Zarft (R&Z Produktion 2009).
Aus dem Gutachten:
„Eine Wiederholung mit einer anderen Schülergruppe, an einem anderen Ort aber mit dem gleichen Ziel „Geschichte mit dem Rad oder mit Wandern zu erfahren“, [ist] gemessen an den Vorlagen fast problemlos möglich.“
„Der Gewinn für die beteiligten Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf ihr weiteres Leben ist überzeugend erkennbar.“