Preisträger

Vorbildliche Schulleitung
2022
Sonderpreis PwC-Stiftung
Andrea Probst und Monika Heinemann

Foto-Credit: Heraeus Bildungsstiftung / Deutscher Lehrkräftepreis - Unterricht innovativ

Aus der Begründung des Teams:

„In Verantwortung der Schul- und Hort­leitung wird das ganztägige spezielle musisch-ästhetische Schulkonzept unter Beachtung der Individualität jedes Schülers und unserer Leistungs­orientierung in pädagogischer Gemein­schaftsarbeit zwischen Lehrern, Erzie­hern und pädagogischen Mitarbeitern, also in gelebter Kooperation zwischen Schule und Hort, verwirklicht.“

Sonderpreis Kulturelle Bildung

Seit 2017 ist das professionelle Philharmonische Kammerorchester Wernigerode (PKOW) ein außerschulischer Kooperationspartner. Seit fünf Jahren gestaltet die Grundschule gemeinsam mit dem PKOW die Familienkonzerte der Wernigeröder Schlossfestspiele mit szenischen Umsetzungen von musikalischen Schullehrplan-Inhalten. Hervorzuheben sind die zusätz­lichen Vormittagsaufführungen zu günstigen Eintrittspreisen für Kinder der Region, um möglichst vielen von ihnen kulturelle Bildung zu ermöglichen. Diese traditionellen Gemein­schaftsprojekte zeigen das musikalische Niveau der Schule und ein gelebtes Schulkonzept der musikalisch-ästhetischen Bildung.

„Mensch – Beethoven!“

2020 pünktlich zum Beethoven-Jahr war ein gemeinsames Beethoven-Projekt mit einer Klasse eingeplant. Es folgten durch die Corona-Maßnahmen bedingt zwei Jahre Ausfall des Musikunterrichts sowie Singverbote. Viele Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, die in der COPSY-Längsschnittstudie analysiert wurden, wurden auch in Wernigerode beobachtet. Dem wollte die Schule mit ihren Möglichkeiten entgegenwirken. Das Ziel: Zum Ende des Schuljahrs 2021/22 ein erstes eigenes Musiktheaterstück auf die Bühne bringen, sich wieder gegenseitig in allen Facetten wahrnehmen, wertschätzen und die ganze Schulgemeinschaft wieder zusammenzuschweißen. Das Ergebnis: „Mensch – Beethoven!“ mit fünf Aufführungen vor ins­gesamt 1.500 Zuschauern und 50 beteiligten Kindern gemeinsam mit dem Philharmonischen Kammerorchester (PKOW) mit Schauspiel, Kostüm, Gesang, Musik und Tanz auf einer 13x8m-großen Bühne. Die zweiten und vierten Klassen, die Musiklehrerin und viele Kollegen und Kolleginnen wie Erzieher und Erzieherinnen des Hortes der Freien Grundschule Wernigerode unterstützt von einer Vielzahl an Helfern/Helferinnen waren aktiv beteiligt. Eine große logistische und organisatorische Herausforderung auch für die Schulleitung, die zusätz­lich mit der Schulsanierung im laufendem Schulbetrieb beschäftigt war. Inhaltlich war es das Ziel, Ludwig van Beethoven als Mensch und seine Musik mit tiefgründigen Recherchen humorvoll lebendig werden zu lassen, um kulturelle Bildung nachhaltig zu verankern. Weitere Gemeinschaftsprojektideen bis 2024 liegen bereits vor.

Persönlichkeitsbildung

Schülerinnen und Schüler der Freien Grundschule werden unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihren musikalischen Voraussetzungen eingeschult. Die Überzeugung der Schul­gemeinschaft ist, dass eine geführte Eigenverantwortlichkeit der Schüler und positive Auffüh­rungserfahrungen eines Musiktheaterstücks die Schülerpersönlichkeiten und den Gemein­schaftsgeist positiv beeinflussen können. Alle Viertklässler hatten bei der Gestaltung des Musiktheaterstückes die Möglichkeit, je nach Neigung und Können in Aktion zu treten. Sie brachten maßgeblich ihre Anliegen und Interessen ein, übernahmen Verantwortung und handelten ihre Entscheidungen miteinander aus. In Partner- oder Gruppenarbeit arbeiteten sie ihre Wunschrollen, Dialoge, Charaktere, Kostüme, Tänze und Handlungen detailreich aus. Die Schüler probten und halfen sich auch gegenseitig bei den Tänzen. Sie übten sich dabei in demokratischen Entscheidungen und Toleranz anderer Meinungen. Die Ideen der Schüle­rinnen und Schüler wurden immer gehört und auf Machbarkeit geprüft. Was umsetzbar schien, wurde umgesetzt! Das selbstgeschriebene Drehbuch entstand kleinschrittig, von langer Hand geplant und war durch die beabsichtigte starke Schülerbeteiligung und die verschiedenen Corona-Maßnahmen und vielen Corona-Ausfällen großen Modifikationen in der Entstehungs­phase unterworfen. Auch die szenischen Umsetzungen der handlungshelfenden Texte der Lehrerin zur Orchestermusik wurden gemeinsam ausprobiert und entschieden. Durch das Musiktheaterstück „Mensch – Beethoven!“ lernten sie tatsächlich Teamgeist, Toleranz und Durchhaltewillen und wurden selbstbewusster und -sicherer im Gesang. Bei „Mensch – Beethoven!“ arbeiteten erstmals nach der Corona-Pause Hort, Schule, Schüler und Eltern mit Elan wieder sehr eng zusammen, um z.B. Kulissen, Kostüme und Requisiten kostengünstig herzustellen.

Innovative Vermittlung

Damit Schülerinnen und Schüler sich aktiv zur Musik bewegen können, müssen sie zunächst zum aktiven Musikhören befähigt werden. Für die Methode der „szenischen Umsetzungen von Orchestermusik mithilfe von handlungshelfenden Texten“ werden mithilfe der Orchester-Partitur zu den Orchester-Rhythmen oder den -Melodien handlungshelfende Texte entworfen, welche die Bewegungen oder szenischen Handlungen beinhalten. Somit erkennen die Schüler IHRE Melodie-Impulse in der Musik durch aktives Musikhören wieder. Sie können sich mit dieser Methode synchron zur Musik bewegen, da sie mit Hilfe des gedachten Textes den Ablauf kennen. Beispiel: Beim Beethoven-Projekt zuckten die Darstellerinnen und Darsteller im 4. Satz der 6. Sinfonie synchron bei den Achtel-Blitzschlägen nach unten, da sie gedanklich „Ich hab‘ Angst vor BLI-TZE“ sprachen und mit aktivem Musikhören verbanden.

Für die Idee einer authentischen, aber humorvollen Zeitreise zu Beethoven lasen die Schüle­rinnen und Schüler Originalbriefe von und Anekdoten über Beethoven, analysierten histori­sche Filmausschnitte und Tänze seiner Zeit und lauschten seiner Musik. Hieraus entwickelte das Projektteam gemeinsam das an die Schülerneigung angepasste Drehbuch.

Allgemeine Bewertungen

Entscheidungskultur

  • Jeder kennt seinen Aufgabenbereich und kann ihn in Absprache mit dem Team gestalten.
  • Alle zu treffenden Entscheidungen werden im Team besprochen, auf Machbarkeit geprüft und nach einer Entscheidung einheitlich zum Wohl der Schulgemeinschaft durchgesetzt.
  • Schnelle und praktikable Entscheidungen werden immer im Sinne eines optimalen Tages- und Schulablaufs für alle Schulkinder getroffen.
  • Regelmäßige Fragebögen geben Eltern die Möglichkeit, anonyme Rückmeldungen zu unterschiedlichen Bereichen aus Schule und Hort zu geben.

 

Innovation

  • Interdisziplinäres Arbeiten: Bei Schulprojekten und -Veranstaltungen verschmelzen die Grenzen zwischen Hort und Schule. Beispiele: täglich 15-minütige, gemeinsame Team­besprechung vor Unterrichtsbeginn sowie ein „Teamzimmer“ statt eines „Lehrerzimmers“
  • Im Sinne des musik-ästhetischen Schulkonzepts entwickelten sich die Schulprojekte stetig weiter, siehe auch unten „Sonderpreis Kulturelle Bildung“.
  • Ausbau der Digitalisierung durch Einsatz von Laptops und Digitaltafeln im Unterricht
  • Generationen-übergreifendes Arbeiten: Erfahrene Lehrkraft als Mentorin für Referen­darinnen und Referendare

Unterrichtswirksamkeit

  • Andrea Probst fördert Weiterbildungen und Zusatzausbildungen;
  • ermöglicht „hautnahes Lernen“, z.B. von Musikern des Leipziger MDR-Orchesters, Land­wirten, Feuerwehrmännern, Hebammen, Polizisten, Ärzten oder Landwirten;
  • sorgt dafür, dass weiterbildungsbedingte Unterrichtsausfälle gern und selbstverständlich von Kollegen vertreten werden;
  • auch ungewöhnliche Projekte werden im Team besprochen, mit der Schulleitung geprüft und initiiert: So sangen Schüler und Schülerinnen einer Klasse z.B. mit Rolf Zuckowski im Konzert auf dem Brocken oder mit einer Rockband auf einer riesigen Bühne. 2022 fuhren die „Soccer-Kinder“ nach Prora, und erreichten bundesweit den 4. Platz;
  • stärkt mit Hilfe von Bühnenauftritten und Wettbewerbsteilnahmen mit dem Motivations­motto „Gemeinsam schaffen wir das“ & „Einer für alle, Alle für Einen“ die Schülerpersön­lichkeiten (Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Kreativität) im höchsten Maße;

Kooperationen

  • Mit dem Philharmonischen Kammerorchester Wernigerode, dem Landesmusikgymnasium Wernigerode, der Staatlichen Grundschule „Harzblick“ Wernigerode, der Sekundarschule „Leben-Lernen“ in Wernigerode, den Wernigeröder Musikschulen, der Kreismusikschule, mit Sportvereinen, mit dem Internationalen Bund für Sozialarbeit/Jugendsozialwerk etc.
  • Darüber hinaus organisiert das Team unter der Leitung von Andrea Probst das jährliche Gemeinschaftssingen aller Wernigeröder Grundschulen, das Stadt-Soccer-Turnier und die Teilnahme am „Ball-Über-die-Schnur-Turnier“ aller Wernigeröder Grundschulen und sorgt für die jährliche Teilnahme an Wettkämpfen der Basketball-LIGA und der SparkasseSoccerTour sowie an sozialen Projekten wie „Weihnachten im Schuhkarton“.

Personalentwicklung

  • Andrea Probst praktiziert eine positive Fehler- und Feedbackkultur mit einer offenen Kom­munikation als Voraussetzung für eine optimale Personalentwicklung;
  • verhindert die Entwicklung von Mobbingsituationen bei Lehrern und Schülern;
  • vermittelt das Gefühl von Wertschätzung, Gebrauchtwerden, Anerkanntsein;
  • bespricht in täglichen vorunterrichtlichen Teamtreffen sowohl unterrichtsrelevante, als auch persönliche aktuelle Probleme lösungsorientiert;
  • nutzt die Stärken des sehr vielschichtigen Kollegiums und bringt unterschiedliche Qualifi­kationen und Neigungen zur Geltung;
  • realisiert Weiterbildungen der Kollegen und ermöglicht neue Initiativen.

Teamentwicklung

  • Andrea Probst fördert nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ eine gelebte Koopera­tion von Schule und Hort, in gegenseitiger Unterstützung und fächerübergreifender Hilfe;
  • unterstützt „Jung hilft alt“ als gelebte Praxis an der Schule (vice versa: jungen Kolleginnen und Kollegen durch den Erfahrungsschatz der „altgedienten“ Kolleginnen und Kollegen);
  • realisiert im Rahmen der musikalisch-ästhetischen Schulausrichtung diverse außerunter­richtliche Projekte, die nur durch eine starke Schulgemeinschaft und Teamgeist bewältigt werden können wie das aktuelle selbstgeschriebene „Mensch-Beethoven!“-Stück, s.u..
Das Team der Freien Grundschule Wernigerode.
Foto-Credit: Anja Krüger

 

Das Projekt „Mensch Beethoven“ an der Freien Grundschule Wernigerode war ein voller Erfolg.
Foto-Credit: Anja Krüger.

 

Zitate zu Andrea Probst:

  • „beeindruckt mit ihrer Standfestigkeit und Leistungsbereitschaft“
  • „ist „über Nacht“ zu einer echten Führungspersönlichkeit geworden“
  • „bringt alle Individualisten in ihrem Lehrkörper immer ‚unter einen Schirm‘ zum Nutzen aller“
  • „schafft ein „familiäres Arbeitsklima, in welchem man gern lernt und lehrt“
  • „ist Vorbild, Leitbild und Anker“

Zitate zu Monika Heinemann:

  • „leitet mit großer Empathie ihre Hortgruppe und geht auf Schüler-Ideen und -Wünsche ein“
  • „stellt sich den täglichen Herausforderungen mit Willenskraft, Ausdauer und Durchset­zungsvermögen“
  • „setzt sich unermüdlich für das Wohl der Schulgemeinschaft ein und arbeitet lösungsorien­tiert“
  • „ist für alle in der Schule eine Frau mit ‚Herz und Seele‘, die mit Ruhe und Gelassenheit ihr Team zielorientiert und persönlichem Einsatz führt“
  • „schafft mit ihrer Führungspersönlichkeit ein familiäres Arbeitsklima durch den Führungsstil auf Augenhöhe“
  • „bildet mit Andrea Probst ein tolles Schulleitungs-Tandem“

Eckdaten

Schule: Freie Grundschule Wernigerode
Bundesland: Sachsen-Anhalt
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